28.03.2023

Eine erste Zwischenbilanz zu den neuen Bildungsverordnungen

Seit August 2022 sind die neuen Bildungsverordnungen der Detailhandelsfachleute, Detailhandelsassistent/-innen und Fachleute Apotheke in Kraft und nun ist es Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen. Ursula Stauffacher, Konrektorin der bsd. Bern, ordnet für Sie die letzten Monate im Interview ein und gibt einen kurzen Ausblick auf die Zukunft.

Ursula Stauffacher, der Blogbeitrag im Februar 2022 hat auch die neuen Bildungsverordnungen (BiVo) thematisiert, darin wurden die zentralen Änderungen vorgestellt. Können Sie uns diese nochmals kurz zusammenfassen?

Ursula Stauffacher: Die grösste Änderung ist der Wechsel von Unterrichtsfächern wie Deutsch oder Detailhandelskenntnissen zum handlungskompetenzorientierten Unterricht. Diese Änderung stellt einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel dar, jedoch knüpft die Berufsfachschule nun stärker an die betriebliche Realität an. Die grösste Herausforderung der bsd. vor dem Start der neuen Lehre war, die Kompetenzen, Stärken und das Fachwissen unserer Lehrpersonen zu nutzen und gleichzeitig die Handlungskompetenzorientierung optimal umzusetzen.

Welche Massnahmen hat die bsd. getroffen, um dieser Herausforderung gerecht zu werden? 

U.S.: Lehrpersonen unterschiedlicher Fachrichtungen unterrichten einen Handlungskompetenzbereich in enger Zusammenarbeit und bringen so das jeweilige Fachwissen ein. Proben werden interdisziplinär erstellt, durchgeführt und benotet. Die neue Unterrichtsform, die neuen Inhalte und die neuen Lernmedien bedingen eine komplett neue Planung und somit auch neue Arbeitsaufträge, Arbeitsblätter und Unterrichtsmaterialien. Um diese Arbeit zu bewältigen, haben Berner Detailhandelsschulen zusammengearbeitet und Themen aufgeteilt.

Die Lehrpersonen haben sich seit langer Zeit auf den HKO-Unterricht vorbereitet. Welches Feedback zu den ersten Monaten mit den neuen BiVo haben Sie von den Lehrpersonen erhalten?

U.S.: Trotz vieler Informationen über die neuen BiVo war es dennoch schwer, vor dem Start im Sommer konkret zu wissen, was auf die Lehrpersonen zukommen wird. Der reguläre Unterricht der bestehenden Klassen lief während der ganzen Vorbereitungsphase auf die neuen BiVo weiter, weshalb die Belastung der Lehrpersonen hoch war. Sie erarbeiteten die neuen Unterrichtsmaterialien neben dem normalen Schulbetrieb. Dies hat die Lehrpersonen an ihre Grenzen stossen lassen. Positiv hervorheben kann man sicher die Zusammenarbeit in den einzelnen Teams der Handlungskompetenzbereiche. Obwohl der Druck hoch war, verlief die Zusammenarbeit sehr bereichernd.
Die vielen benötigten Absprachen untereinander sind allerdings sehr zeitintensiv und belasten die Lehrpersonen zusätzlich.

Vor dem Start des neuen Schuljahrs war einiges noch unklar und die Unsicherheiten war gross. Nach einigen Monaten kann man bereits gut feststellen, was sich bewährt hat und wo noch Optimierungspotenzial vorhanden ist. Wo sehen Sie den grössten Optimierungsbedarf und wie kann die bsd. diesen Bedürfnissen überhaupt gerecht werden?

U.S.:  Für den nächsten Jahrgang hat die bsd. im Rahmen des Machbaren Inhalte anders aufgeteilt und sinnvoller gruppiert. Die grösste Herausforderung ist für uns das Lernmedium. Es ist hat inhaltlich und technisch wenig benutzerfreundlich.

Neben den zu optimierenden Punkten können Sie aber sicher auch noch etwas Positives berichten?

U.S.: Natürlich, all diese Herausforderungen haben einmal mehr gezeigt, dass wir uns auf ein gut eingespieltes und sehr engagiertes Kollegium verlassen können. Der Wille, gute Berufspersonen auszubilden ist bei allen Beteiligten gross. Auch die Zusammenarbeit der Lehrpersonen mit den Lernenden funktioniert gut, man ist gemeinsam unterwegs und sammelt zusammen Erfahrungen. Positiv hervorzuheben ist auch die Zusammenarbeit der Berufsschulen im Kanton Bern. Die Zusammenarbeit in der Vorbereitungsphase war sehr intensiv und hat auch über den Start der neuen BiVo angehalten, so dass auch zukünftig Synergien genutzt werden können.

Bekanntlich lernt man ja aus der Vergangenheit, um die Zukunft optimaler gestalten zu können. Wie sieht der Unterricht in den Bereichen Detailhandel und Fachleute Apotheke zukünftig aus?

U.S.: Die Lernenden werden nach wie vor im Zentrum der Ausbildung stehen. Der Unterricht knüpft konsequent an ihrer beruflichen Realität an. Gleichzeitig darf die Allgemeinbildung nicht zu kurz kommen. Die jungen Berufsleute sollen nach dem Abschluss der Grundbildung Anschlussmöglichkeiten an Weiterbildungsgänge oder Berufsmaturitässchulen haben.

Vielen Dank für diese interessanten Einblicke. Wir sind gespannt, worüber wir im nächsten BiVo-Blog berichten werden.