10.05.2023

Berufsfeldspezifischer Unterricht in der Vorlehre

Für Jugendliche und Erwachsene, die keinen Ausbildungsplatz auf der Sekundarstufe II gefunden haben oder für den erfolgreichen Eintritt in die Berufswelt noch weitere Vorbereitung benötigen, gibt es diverse Anschlussmöglichkeiten. Unter anderem können sie die einjährige Vorlehre absolvieren, welche die Lernenden als duales Brückenangebot auf den Einstieg in die berufliche Grundbildung vorbereitet.

Unter dem dualen System versteht man den Besuch von zwei Lernorten während der Ausbildung: die Berufsfachschule und der Lehrbetrieb. Unsere Lernenden der Vorlehre besuchen an zwei Tagen pro Woche die Berufsfachschule, die restlichen Tage verbringen sie in ihrem Vorlehrbetrieb.

Folgende Lerninhalte werden im Unterricht an der Berufsfachschule behandelt:

  • Sprache und Kommunikation, Gesellschaft
  • Gesundheit und Sport
  • Mathematik (ohne Fachrechnen)
  • Informations- und Kommunikationstechnologien, Berufswahl und Bewerbungstechnik

Zusätzlich werden aufgrund des neuen Rahmenlehrplans seit dem Sommer 2023 auch berufsfeldspezifische Themen unterrichtet. Die Lehrpersonen der Vorlehre unterrichten die Bereiche aus dem Detailhandel. Die Mitarbeiterinnen des Verwaltungsteams vermitteln neu einen Einblick in den kaufmännischen Bereich. Diese neue kurze Unterrichtstätigkeit stellt eine spannende Herausforderung für die Mitarbeiterinnen des Verwaltungsteams dar. Gerne stellen wir diese Tätigkeit in diesem Blog vor.

Roger Linder, Klassenlehrer in der Vorlehre, hat die Planung zusammen mit Daniela Künzi, Leiterin Administration, übernommen und die Themen für den Unterricht an vier Vormittagen à je drei Lektionen zusammengestellt:

  • Betriebsstrukturen / Organigramme / Hierarchien
  • KV-Ausbildungsbranchen 
  • Kompetenzwürfel: Fach-, Methoden-, Sozial-, Selbstkompetenzen
  • Unterschied Produkt/Dienstleistung 
  • Wie sieht ein Büro-Arbeitsplatz aus?
  • Ergonomie am Arbeitsplatz

Nachdem die Mitarbeiterinnen ein Konzept zum jeweiligen Thema erstellt haben, wurde dies zusammen mit Roger Linder auf die Umsetzbarkeit geprüft.

Eine der grössten Herausforderungen war das Zeitmanagement: Einerseits aufgrund der fehlenden Erfahrung im Unterrichten und andererseits, weil die Mitarbeiterinnen den Wissenstand der Vorlernenden nicht genau einschätzen konnten. Der Tipp von Roger Linder, ein paar weniger relevante Aufgaben für den Schluss als Back-Up aufzusparen, hat sich aber als sehr hilfreich erwiesen.

Gemäss dem Fazit der Vorlernenden und auch der Mitarbeiterinnen aus der Verwaltung war das Projekt ein voller Erfolg: Alle Beteiligten fanden den Austausch sehr lehrreich und eine sehr willkommene Abwechslung zum normalen Büro- respektive Schulalltag.

Einige Stimmen von Beteiligten zum berufsfeldspezifischen Unterricht:

Daniela Künzi, Leiterin Administration: Als mir die Idee von Adrian Ruprecht, unserem Rektor, vorgestellt wurde, war ich sofort offen für diese neue Herausforderung und auch dankbar für den Vertrauensvorschuss. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass sich Alina und Maria ebenfalls angeschlossen haben. Bei den Vorbereitungen war mein Gedanke immer wieder: «Das ist doch viel zu wenig Stoff für drei Lektionen». Entsprechend gross war daher die Erleichterung, als die ersten Lektionen mit einer Punktlandung endeten. Mit den Lernenden zu arbeiten war interessant und auch lustig. Ich denke, es war für uns alle eine erfrischende Abwechslung zum Alltag. Ich schätze es sehr, dass ich einen kleinen, aber wertvollen Einblick in die Interessen, Ansichten und Ziele dieser jungen Leute gewinnen konnte. Normalerweise kennen wir nur die Perspektive aus dem Verwaltungsalltag, nicht aber aus dem Klassenzimmer.

Alina Baioni, Fachverantwortliche Detailhandel, Brückenangebote und QV: Für mich hat das Positive an diesem Projekt ganz klar überwogen. Ich habe sehr viel Neues gelernt, nicht nur unterrichtstechnisch, sondern auch über mich selbst. Zudem war es für mich sehr interessant, für einmal in die Rolle der Lehrperson zu schlüpfen: Ich kann nun viel besser nachvollziehen, wie der Alltag der Lehrpersonen aussieht und dass zum Unterrichten so viel mehr gehört als «nur» das Unterrichten an sich. Der direkte Kontakt mit den Vorlernenden war für mich sehr bereichernd, sie haben mir viel von sich und ihren Wünschen für die berufliche Zukunft erzählt – Informationen, die ich ohne diesen Austausch nie erhalten hätte.

Maria Haueter, Fachverantwortliche Weiterbildung: Ich habe zwar bereits früher vor grösseren Gruppen gesprochen, zu unterrichten war mir aber komplett neu. Dementsprechend war ich beim Unterrichtsbeginn sehr nervös – dies hat sich jedoch als unbegründet herausgestellt und ist sehr schnell verflogen. Der Austausch mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen war für mich sehr wertvoll und hat mir wahnsinnig viel Spass bereitet. In der Weiterbildung habe ich wenig bis keinen Kontakt mit den Lernenden und am Schalter sind die Anliegen meist schnell gelöst – daher war es für mich sehr bereichernd, mehr Zeit mit den Vorlernenden zu verbringen. Auch für einmal die Seite zu wechseln war für mich eine positive Erfahrung – ich kann mich nun viel besser in die Lehrpersonen hineinversetzen.

Roger Linder, Klassenlehrperson Vorlehre: Berufsfeldspezifischer Unterricht heisst das neue Fach. Das tönt etwa so sperrig wie eine Schubkarre quer im Eingang. Dreiteilung ist angesagt; IKT und Lerntechniken sind vergeben. Es fehlt noch das, was den Beruf ausmacht - so im alltäglichen - meine ich: ich nenne es "Ich - und mein Beruf". Da ist sie wieder, die Schubkarre! Wild entschlossen geht’s ans Werk. Schliesslich habe ich einiges erlebt: verkaufen in der Innenstadt, schlossern in der Matte und, ach ja: selbständig war ich auch! Wer genau liest, merkt eine Verwaltungslücke im kürzest-CV. Schon weht ein Gerücht von der Postgasse 66 herbei. Die Verwaltung schliesst schliesslich meine Verwaltungslücke.  Schon wieder gehts wild entschlossen ans Werk - und jetzt im Team. Schubkarren werden aus Eingängen entfernt; sie werden mit Ideen beladen - ausgeschüttet, neu beladen. Sitzungen werden abgehalten und schliesslich, im Dezember, werden Lernende in der Verwaltung begrüsst und gelehrt. Alles ist gut. Die Belehrten berichten von motivierten, motivierenden, ausgezeichnet vorbereiteten Verwaltenden und die Verwaltenden erscheinen mir auch zufrieden. Ich bin es auch, sehr sogar. Verwaltungslücke geschlossen, Teamarbeit genossen und zufriedene Lernende. Eine Analyse des Erbrachten ergab Zufriedenheit mit Anpassungen im Folgeschuljahr. Voll des Lobes und Dankes über die Zusammenarbeit freue ich mich aufs nächste Schuljahr. Ich werde das Geleistete und das Geplante der neuen Leitung der Vorlehre präsentieren und hoffe auf Wiederholung. Danke an Alle!

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